Che cosa significa "riunione di chimica"?
Benno Maggi befasst sich in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich…?» mit Begriffen aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal behandelt er den Begriff «Chemistry Meeting».
Wie haben wir uns doch damals geärgert, als anfangs der 90er Jahre plötzlich Pitches unseren Alltag füllten. Als Auftragsvergaben nicht mehr aus Sympathie oder aus dem Bauch heraus, sondern durch Agentur-Evaluation oder Ausschreibung erfolgten. «Wir sind am Pitchen», hiess es plötzlich und nicht mehr «ich han es guez Gfühl» – das klang nicht nur zeitgemässer, sondern signalisierte auch das Ende der Gemütlichkeit. Es war die Zeit, in der verstärkte Interaktionen mit englischsprachigen Märkten dazu führten, dass aus Bankiers Banker wurden und viele Schweizer Fachbegriffe und Gepflogenheiten durch Angelsächsische aus dem Alltag verdrängt wurden. Die Marketing- und Werbebranche ist bekanntlich besonders anfällig für Anglizismen. So auch «Chemistry Meeting». Agenturen bieten es an, inklusive integriertem Tool zur Buchung eines Termins dafür. Gut gemeint – aber am Ende sind es die Kund:innen, die ein solches Einfordern müssten, im Idealfall anstelle eines Pitches, Worst Case im Anschluss an einen Pitch. Diese sind nämlich schon mit genug Arbeit für kein oder wenig Geld verbunden. Ziel bei Pitches scheint es seit geraumer Zeit, möglichst viele Ideen präsentiert zu erhalten, um dann doch nicht zu wissen, was man eigentlich will. Am ehesten ein Mix aus allem Guten, aber das geht ja nicht, und so gewinnen am Ende dann immer die Gleichen. Entweder jene mit den besten Beziehungen zu den Entscheidungsträgern oder jene mit den tiefsten Preisen. Das ging früher wahrlich einfacher und mit weniger betriebswirtschaftlichem Leerlauf. Damals, als Kunden noch «es guez Gfühl» hatten.
Wenn die Chemie stimmt
Vielleicht hilft ja ein Chemistry Meeting tatsächlich, wieder dahin zu gelangen. Ziel bei einem solchen ist es nämlich, dass die beteiligten Parteien und Menschen die Gelegenheit haben, einander kennenzulernen und die zwischenmenschliche Chemie zu überprüfen und festzustellen, ob eine gute persönliche und kulturelle Übereinstimmung («guez Gfühl» oder eben neu «Cultural Fit») besteht, die jeder erfolgreichen Zusammenarbeit zugrunde liegt. Je unsicherer und unfähiger die Auftraggeber, desto grösser die Anzahl der Agenturen, die zu Pitches eingeladen werden. Je selbstbewusster und mutiger die Auftraggeber, desto kleiner die Auswahl und grösser die Chance, dass sie den Weg des Chemistry Meetings wählen.
Aber Chemie? War das nicht das Fach, bei dem wir alle in der Schule nicht aufgepasst hatten? Das Wort stammt aus dem Altgriechischen «χημεία» (chēmeía) und bezieht sich tatsächlich auf die Wissenschaft, die sich mit den Eigenschaften, der Zusammensetzung und den Umwandlungen von Substanzen beschäftigt.
Was zum Teufel hat das denn in einer Agentur-Evaluation zu tun? Ein Millionen-Budget (sofern es die überhaupt noch gibt) aufgrund eines einstündigen Meetings vergeben? Eins, das womöglich nur online stattfinden konnte? Ne. Dabei wäre es ganz einfach. Indem sich die Leute seitens Auftraggebenden und Agentur zusammensetzen, die dann effektiv auch miteinander die Arbeit verrichten sollen und an einem solchen Meeting gemeinsam eine Aufgabe lösen. So spürt jede Seite, wie die andere tickt. Wie Briefings formuliert und verstanden, Probleme erkannt und gelöst werden. Eine Aufgabe, die wohlbemerkt vorab nicht bekannt ist, sondern im Meeting gestellt wird. Einmal vom Auftraggeber an die Agentur. Und vice versa.
Denn Chemie ist eben auch die Lehre von den Stoffen und den chemischen Reaktionen, die diese in neue Stoffe umwandeln. Da wird bei einem solchen Treffen schnell klar, ob diese neuen Stoffe etwas taugen oder nur Rauch erzeugen. Statt also beim Chemistry Meeting nur Freundlichkeiten auszutauschen und zu prahlen, versuchen wir es doch lieber grad mit richtiger Arbeit. Es lohnt sich. Und spart Arbeit. Und Geld. Braucht aber Mut. Und der ist dringend nötig, schaut man sich die weichgespülten Resultate der durch Pitches evaluierten Agenturen an.
* Benno Maggi è co-fondatore e CEO di Partner & Partner. Ha origliato l'industria per oltre 30 anni, scoprendo per noi parole e termini che possono essere usati per chiacchiere, pomposità, eccitazione, giocare a Scarabeo o semplicemente perché.
Questo articolo è apparso originariamente su markt-kom.com - https://www.markt-kom.com/de/markom/was-bedeutet-eigentlich-chemistry-meeting/