Veranstaltungshinweis: Vegetarismus und Umweltschutz
Schützen Vegis auch wirklich vor Umwelt- und Gesundheitsrisiken? Schlägt «lokal» «bio»? Ist Milch mies? Und jedes Steak eine Sauerei? Die Sache ist nicht so einfach. Vegi-Pabst» Rolf Hiltl möchte zusammen mit Sebastian Muders von der Paulus Akademie unter dem Titel «Klima retten, Tofu essen? Vegetarismus und Umweltschutz» solchen Punkten nachgehen.
Bei näheren Blick zeigt sich nämlich, dass es durchaus ernstzunehmende Argumente gibt, Vegetarismus und Umweltschutz zu qualifizieren. So hat eine international besetzte, interdisziplinär arbeitende Forschergruppe 2019 im Fachmagazin «The Lancet» im Zuge einer umfangreichen Studie die Empfehlung für eine «Planetary Diet» erstellt, die sowohl die Umwelt nachhaltig schützen als auch die im Jahr 2050 erwarteten 10 Milliarden Menschen gesund erhalten können soll – eine beispiellose Win-Win-Situation für alle, zählen doch auch Fleisch-Schmecker wenigstens nicht gänzlich zu den Verlierern:
So sind neben Milch und Ei auch Geflügel sowie Rind- und Schweinefleisch drin enthalten – natürlich bei Weitem nicht in der Menge, wie sie für die Bevölkerung der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften weltweit mittlerweile zum Standard geworden ist, doch fliegen sie eben auch nicht völlig raus. Es ist also keine rein vegetarische oder gar vegane Diät, die die Welt im Gleichgewicht erhält, sondern durchaus eine Mischernährung; und dass die Gesundheit des Menschen eine wichtige Zielvorgabe bei der Berechnung dieser Diät darstellte, ist ja keineswegs als Makel zu deuten, sondern als nicht herauskürzbare Randbedingung jedweder Gleichung, die die Sorge um die Umwelt in den Mittelpunkt stellt.
Einzelprodukte und gute Argumente
Ein weiteres Argument gegen die vollständige Abkehr von tierischen Produkten in der menschlichen Ernährung wird von der Biologin Florianne Koechlin vorgetragen: Sie hat in mehreren Beiträgen, u. a. 2019 für die «NZZ am Sonntag», gegen ein moralisches Verbot, Tiere zu essen, zentral damit argumentiert, dass wir damit der Weidetierhaltung den Todesstoss versetzen würden: Nicht zuletzt für unsere Umwelt und den Artenreichtum aber gelte es diese zu erhalten, denn die grasfressende Nutztiere würden die Weiden offen und frei halten und damit vor Vergandung bewahren. Umgekehrt aber sei den Bauern nicht zuzumuten, ihre Tiere aus reiner Liebe zur Natur die Tiere zu hegen und zu pflegen.
Nimmt man dieses Argument ernst, gib es auch hier handfeste Umweltschutzgründe zugunsten eines moderaten Fleischkonsums; wiederum nicht im Stile der industriellen Landwirtschaft, wie wir es gegenwärtig erleben, aber doch inklusive der Möglichkeit einer, wie die Autorin es ausdrückt, «tierfreundlichen und ökologischen Fleischproduktion».
Abseits solcher allgemeinen Überlegungen zugunsten einer Mischernährung rücken mehr und mehr Einzelprodukte in den öffentlichen Fokus, die gerade vegetarische Essgewohnheiten nicht zuletzt aus Umweltgesichtspunkten empfindlich einzuschränken drohen: So ist beispielsweise die CO2-Bilanz bestimmter Milchprodukte alles andere als berauschend. Glaubt man entsprechenden Auflistungen, liegt beispielsweise der Genuss von Butter häufig noch vor dem berüchtigten Rindfleisch – rund 24 gr zu etwa 13°gr CO2 lautet hier die Bilanz pro Kilo.
Derlei Betrachtungen mögen einen nun dazu verleiten, schlicht einen Gang höher zu schalten und jedweden tierischen Produkten abzuschwören. Doch auch hier finden sich schwarze Schafe: So wird etwa argumentiert, die Bilanz von Reis sei doppelt so schlecht wie die von Schweinefleisch – u. a. weil aus den gefluteten Reisfeldern grosse Mengen extrem klimaschädliches Methan entweichen.
Natürlich vermögen solche Beispiele nicht der pflanzlichen Ernährung als solche eine Absage zu erteilen, und nicht alle Vergleiche machen Sinn: Wenn 2015 eine Studie der Carnergie Mellon University (Pennsylvania, USA) zum Schluss kommt, dass für Kopfsalat auf seinem Weg zum Gaumen sage und schreibe dreimal so viel Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre entlassen werden wie im Fall von Schweinefleisch, lohnt ein Blick auf die Details: So wurde für diese Rechnung die gleiche Energiemenge von 1000 kcal zugrunde gelegt, die aus diesen Nahrungsmitteln gewonnen werden soll –wer aber verspeist innerhalb einer Mahlzeit schon die dafür notwendige Menge von Salatköpfen?
Um diesen und ähnlichen Fehlschlüssen zu entgehen, wird dem Gespräch mit Rolf Hiltl ein einführendes Referat von Adrian Müller vorangestellt, einem Experten des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL). Er wird Publikum wie Diskutanden in einem aufschlussreichen Streifzug durch den Dickicht aus Anbaumethoden, Nachhaltigkeits-Labels und Ressourcenrechnungen die wissenschaftliche Nährgrundlage für das Gespräch bereitstellen. Und im Anschluss erwartet die Gäste ein ebenso schmackhafter wie nachhaltiger Apéro mit Köstlichkeiten vom Hiltl Catering.
Zur Veranstaltung «Klima retten, Tofu essen?» können Sie sich hier anmelden.
Do, 17. September, 19 Uhr bis 20:30 Uhr, Veranstaltungszentrum Paulus Akademie, Pfingstweidstrasse 28, 8005 Zürich.
(Kosten: CHF 35.- inkl. Apéro; ermässigt CHF 24.-).