Tränen, Apps und Deals: Highlights der Folge 6/3 von „Die Höhle der Löwen“

Die Folge 3 der aktuellen Staffel hatte es in sich. Es ging um hohe Summen, um Emotionen, aber auch um selbstbewusste Gründer, die auf die «falschen» Löwen setzten und mit einer Enttäuschung den Rückweg antraten.

Waren die „Gründer des Herzens“ dieser Sendung: Beim Deal mit Dechen Jangma und Anne Riewoldt von House of Momos flossen Tränen. (Bild: Oneplus)

Unicorn-Potenzial, Kulinarisches vom Dach der Welt und anderes mehr prägten die dritte Folge der neuen Staffel von die Höhle der Löwen Schweiz. Und es flossen auch Tränen der Freude.

Unicorn oder nicht?

Jonny Burger und Mehmet Ademi aus Zürich (ZH) wollen mit ihrem Videokreationstool Remotion durchstarten. Ihre Idee: Automatisch personalisierte Videos von Grossanlässen generieren wie z.B. vom Jungfrau-Marathon. Jeder der 4000 Läuferinnen und Läufer sieht sich dann in verschiedenen Etappen und am Ende des Videos wird seine Laufzeit animiert dargestellt. Die Videos werden mit einem eigens entwickelten Editor kreiert. Pro erstelltes Video kassiert Remotion einen halben Rappen an Lizenzgebühren. Bei 4000 Teilnehmenden des Jungfrau-Marathons sind das also 20 Franken. Aber dennoch kamen jährlich schon 100’000 US- an Umsatz zusammen, weil der grösste Kunde von Remotion monatlich rund 400’000 Videos generiert. 80 Kunden setzen schon auf die Lösung, deren Anwendung einiges an Fachkenntnissen voraussetzt. Mit einem Kapitalbedarf von 500’000 Franken gegen 5 % Firmenanteile wollen Jonny und Mehmet nun für «zusätzliche Programmier-Power» sorgen für ihre Idee mit Unicorn-Potenzial. Jürg Schwarzenbach stellte aber gleich schon die hohe Firmenbewertung in Frage. „Da müsst ihr schon ein paar Millionen an Umsatz machen“, stellte er klar. Und Lukas Speiser setzte Fragezeichen hinter der Kundenstruktur: Zumeist Startups. Während Jürg Schwarzenbach, Roland Brack und Lukas Speiser ausstiegen, machten Anja Graf und Felix Bertram ein Gegenangebot: 500’000 gegen 10 Prozent. Doch das entsprach dann doch nicht den Wünschen von Jonny und Mehmet, und sie lehnten das Investment am Schluss ab.

Lehnten Angebot ab: Jonny Burger und Mehmet Ademi mit ihrem Startup „Remotion“. (Bild: Oneplus)

Investment mit Tränen

Dann ging es kulinarisch weiter: Mit House of Momos, einem Lieferdienst für die tibetischen Teigtaschen Momos, wollen die Deutsche Anne Riewoldt und die Tibeterin Dechen Jangma aus Adliswil (ZH) den Markt aufmischen. Dechen Jangma gelangte 2012 als Flüchtling in die Schweiz und traf mit Anna Biewoldt zusammen. Daraus entstand eine innige Freundschaft und 2021 die Gründung des Momos-Lieferdienstes. Die Teigtaschen werden nach tibetischer Tradition selbst von Hand gefertigt. Und das Geschäft scheint zu laufen: 4,2 Millionen Franken Umsatz im Jahr 2023 sorgten bei den Löwen für grosse Augen und offene Ohren. Mit einigen Grosskunden sind beiden Gründerinnen im Gespräch und benötigen für das weitere Wachstum 500’000 Franken. Dafür boten sie 20 Prozent Beteiligung. Die präsentierten Zahlen und auch die Momos-Kostproben mundeten den Löwen und der Löwin sichtlich. Und auf alle typischen Investoren-Fragen wussten Anna Riewoldt und Dechen Jangma eine adäquate Antwort. Aber zunächst konnten sie nur Lukas Speiser überzeugen: Er bot 500’000 Franken gegen eine Beteiligung von 25 Prozent. Er glaubt an das Potenzial, auch wenn er bei den Margen ein paar Herausforderungen sieht. Dann wurde es emotional: Überwältigt von diesem Angebot brach Anna Riewoldt in Tränen aus. Felix Betram liess sich von den Emotionen anstecken und bot ebenfalls 500’000 Franken gegen 25 Prozent. Nach kurzer Besprechung hinter der Bühne entschieden sich die Beiden für Lukas Speiser als Investor. Die übrigen Löwen beglückwünschten den Entscheid. Das waren «die Gründer der Herzen», wie Jürg Schwarzenbach es ausdrückte.

Verhandlungsgeschick zahlt sich aus

In ihrem Startup Studyflash entwickeln Nikola Bulatovic, Dominik Gebhard und Florin Barbisch aus Muri bei Bern KI-generierte Lernkarten, die auf Vorlesungen und Kurse der Lernenden zugeschnitten sind. Sie sollen helfen, dass Studierende in kürzerer Zeit leichter den Lernstoff bewältigen können. Das Konzept ist simpel: Die Studierenden laden ihre Vorlesungsunterlagen auf die Plattform von Studyflash hoch, und innert Kürze erstellt die KI daraus die Lernkarten. Das Angebot scheint bei der Zielgruppe anzukommen: Innert fünf Monaten konnten schon 20’000 Nutzerinnen und Nutzer generiert werden. Mit einem Investment von 250’000 Franken gegen 10 Prozent Unternehmensanteil soll weiteres Marktpotenzial erschlossen werden. Zunächst waren die fünf anwesenden Löwen und die Löwin noch nicht ganz «geflasht» von der Idee. Bedenken äusserten sie hinsichtlich Kopierschutz und der tiefen Marge. Lukas Speiser jedenfalls fand zwar Gefallen am Case, immerhin hatte er zu seinen Studentenzeiten ebenfalls schon ein Business mit Lernkarten lanciert. Als Investor blieb er jedoch draussen. Trotz Vorbehalten gegenüber den präsentierten Zahlen machte Felix Bertram aber ein Angebot: 250’000 Franken gegen 40 Prozent, mit Aussicht auf Reduktion auf 30 Prozent, wenn bis 2027 ein Umsatzziel von 4 Millionen erreicht wird. «Aber gleich ein Tipp: Ich würde es nicht machen», schob er noch nach. Während Jürg Schwarzenbach sich nicht für ein Investment erwärmen konnte, einigten sich Roland Brack und Nicole Buettner darauf, den drei Gründern ein gemeinsames Angebot zu machen: CHF 250’000 gegen 20 Prozent. Für die drei Jungunternehmer kam das Angebot von Felix Bertram nicht in Frage, und dem Angebot von Nicole Büttner und Roland Brack stellten sie einen Gegenvorschlag gegenüber: 250’000 Franken gegen 15 Prozent, was die Löwen dann akzeptierten.

Braucht erfolgreiches Marketing ein Investment?

Robin Horner und Jeffry Dahinden aus Schindellegi SZ betraten mit ihrer Firma Freeways GmbH die Höhle der Löwen. Diese Jungunternehmer sind wahre Marketinggenies: Im Alter von erst 20 und 21 Jahren haben sie über 1 Million Franken Umsatz gemacht – und das mit einem Produkt, das es längst gibt: Nasenpflaster, die das Atmen erleichtern. Damit scheinen sie einen Nerv getroffen zu haben, denn in den sozialen Medien haben die beiden jungen Männer mit ihrem Produkt allein in der Schweiz 80 Millionen Views erzielt, und dies mit einem Startkapital von gerade mal 5000 Franken. Entsprechend selbstbewusst kam dann auch die Forderung der Beiden rüber: 500’000 Franken gegen 10 Prozent der Firma. Um die potenziellen Investoren von ihrem Produkt zu überzeugen, zogen Robin und Jeffry alle Register, auch akrobatische. Und noch mehr Wirkung erzeugten die Zahlen: Die erste Umsatz-Million wurde mit 34’000 Kunden erzielt, die Gewinnmarge bezifferten die Beiden mit 25 Prozent. Braucht es da noch ein Investment? Dieses soll vor allem fürs Marketing verwendet werden. Denn das Produkt an sich ist nicht neu und differenziert sich auch kaum von anderen, ausser in Farbe und Form. Deshalb: «Wer am lautesten ist, wird am meisten gehört», so Robin Horner. Dann aber mussten die Beiden noch eine Bombe platzen lassen: Freeways ist nicht der einzige Brand, den sie vermarkten. Roland Brack stellte klar: «Das ist schlicht uninvestierbar». Alle anderen Löwen folgten dieser Ansicht, und es kam zu keinem Deal. Am Schluss blieben Robin Horner und Jeffry Dahinden ohne Deal, doch sie hinterliessen eine Höhle der Löwen, die von ihrem Marketing-Coup schwer beeindruckt war.

Trotz viel Sympathie haut ihre Geschäftsidee die Löwinnen und Löwen nicht aus den Socken: Ehepaar Marie Jane und Marco Eberle. (Bild: Oneplus)

Ein sympathisches Familienbusiness

Das Ehepaar Marie Jane und Marco Eberle aus dem st.gallischen Unterterzen nutzt den Saft der Zwiebel, um das Immunsystem zu stärken. Die Wunderknolle wirkt entzündungshemmend. Deshalb hat Marie Jane Socken mit Netzen entwickelt, in die sich Zwiebelscheiben schieben lassen. Mit diesen schlafen sie und schwören auf den positiven Effekt. Auch Zwiebel-Pockets für die Anwendung an anderen Körperstellen, z.B. Ohren, stehen inzwischen im Angebot. Auch andere Kräutermischungen haben die Beiden ausgetüftelt, die für eine gute Schlaf-Atmosphäre sorgen sollen. Mit einem Investment von 30’000 Franken gegen 10 Prozent Firmenanteile soll nun der DACH-Markt mit diesen Produkten erobert werden. Die Löwinnen und Löwen stellen viele skeptische Fragen, etwa nach dem Marktpotenzial. Dieses beziffert das Ehepaar mit 1 Prozent der Bevölkerung, da viele die Zwiebeln als Hausmittel schon lange kennen. Felix Bertram zweifelt aber, ob dies ausreicht und sieht das Produkt eher als witzige Geschenkidee. Lukas Speiser hätte gerne noch ein paar wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit gehabt. Das konnten Marie Jane und Marco Eberle aber nicht bieten. Konkreter dann die Antworten zu den Zahlen: 4000 Franken Umsatz wurde mit dem Verkauf der Socken bisher pro Jahr erzielt, ohne Aufwände. Bei Herstellkosten von rund zwei Franken und einem Verkaufspreis von knapp 18 Franken läge da eine erkleckliche Marge drin. Am Schluss blieb es dann trotzdem nur bei viel Sympathie für das Produkt und das Familienbusiness. Auch viel persönliche Überzeugung reicht eben nicht aus für eine Investition.

Wenn Recruiter Investoren rekrutieren

Lebenslauf ade: Die Job-Matching-App Kanbii von René Lehmann und Carlos Müller (die zwei weiteren Mitgründer Robert Onesim und Martina Fornara traten nicht in der Sendung auf) erstellt ein Jobprofil nur aufgrund von Fähigkeiten und blendet gewissermassen Vorurteile aus. So werden keine persönlichen Informationen geteilt, bevor es zu einem Match kommt. Die Idee: Fähigkeiten sind nicht an bestimmte Branchen gebunden, wie die beiden gleich anhand der Profile der anwesenden Löwinnen und Löwen zeigten. Somit würden also alle fünf als Investor/-innen zu Kanbii passen. Auf der App selbst finden sich Jobsuchende und Jobanbietende durch einfaches Wischen nach links oder rechts. Um das Geschäft weiter zum Fliegen zu bringen, benötigt Kanbii eine Investition von 90’000 Franken gegen 20 Prozent Firmenanteile. 1700 User sind inzwischen auf der Plattform, 23 Jobs wurden bisher vermittelt. Nicole Büttner zeigte sich angetan von der Lösung, fühlte die beiden aber noch bezüglich Zahlen auf den Zahn. 60’000 Franken Umsatz wollen sie im ersten Jahr erzielen, eine Verdoppelung im Folgejahr und weitere 30 Prozent mehr im dritten Jahr. Lukas Speiser sah zu wenig Disruptionspotenzial und stieg als Investor aus. Felix Bertram schlug in die gleiche Kerbe verzichtete ebenfalls auf ein Investment. Tom Zimmermann attestierte den Gründern viel Geschäftskenntnis, hielt die App aber nicht für einen grossen Game-Changer und zog sich ebenfalls zurück. Blieben noch Nicole Büttner und Bettina Hein: Während erstere trotz zunächst signalisiertem Interesse ausstieg («zu wenig ambitionierte Umsatzziele»), liess sich Bettina Hein aus der Reserve locken. «Ich glaube, dass das Konzept von ‘No CV’ Zukunft hat», sagte sie und machte ein Angebot: 90’000 Franken, allerdings gegen 25 Prozent Anteile an der Firma. Diesen Deal nahmen die Gründer an – ein «Perfect Match», wie es scheint.

Fazit dieser Sendung: Wieder viele gute Ideen, aber auch die Erkenntnis, dass parallele Projekte oder undurchsichtige Beteilungen «Investorengift» sind. Und ob man wirklich Unicorn-Potenzial hat, ist schneller gerechnet als umgesetzt.

Hier lässt sich die Sendung anschauen: https://www.oneplus.ch/catalog/1000604

Weitere Beiträge zum Thema