Resilienz als Teil der neuen Normalität
Am 20. Januar fand in Widnau das 28. Rheintaler Wirtschaftsforum statt. Vor ausverkauftem Haus widmeten sich prominente Referentinnen und Referenten dem Thema der neuen Normalität. Diese lässt sich mit zwei wesentlichen Fähigkeiten bewältigen: mit Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit, also Resilienz.
Im Gefolge von Krisen stehen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik am Beginn einer neuen Normalität. Dies stand auch am diesjährigen Rheintaler Wirtschaftsforum im Zentrum. Mit dem ehemaligen Bundesrat Kaspar Villiger, der Sulzer-Verwaltungsratspräsidentin Suzanne Thoma, Korpskommandant Hans-Peter Walser und Johannes Gutmann, dem Eigentümer der Sonnentor Kräuterhandels GmbH, war die Tagung wieder äusserst prominent besetzt. Die Referentinnen und Referenten gaben dem zahlreich aufmarschierten Publikum viele Gedankenanstösse auf den Weg. Musikalischer Überraschungsgast war der aus Balgach stammende Alexander Frei, bekannt unter dem Künstlernamen Crimer.
Demokratien mit hausgemachten Problemen
Kaspar Villiger ist mit bald 82 Jahren, 20 Jahre nach dem Rücktritt aus dem Bundesrat, nach wie vor ein weiser Beobachter der Politik und gefragter Ratgeber. In eloquenter Weise bewies er dies auch am Rheintaler Wirtschaftsforum. Er erinnerte daran, dass die liberale Demokratie eine nicht angeborene Staatsform sei, sondern wegen ihrer Verletzlichkeit ständig der sorgsamen Pflege bedürfe. Viele der heutigen Probleme in Demokratien seien hausgemacht, insbesondere, weil häufig das Populäre und nicht das Notwendige angestrebt werde. Es braucht gemäss Villiger «auch in der besten Demokratie eine lebendige Zivilgesellschaft, die sie mit Zähnen und Klauen verteidigt und die aktiv ihre Werte lebt». Besonders wichtig sei, resilient zu bleiben, indem Demokratien ihre Hausaufgaben lösten, sich militärisch verteidigten, zusammenstünden und Wege fänden, mit Autokratien zu koexistieren.
Krieg und Frieden
Korpskommandant Hans-Peter Walser, Ausbildungschef der Schweizer Armee, skizzierte die neue Sicherheitslandschaft im Gefolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Heute lasse sich keine klare Grenze mehr zwischen Krieg und Frieden ziehen. Cyberattacken durch einen Aggressor gehörten ebenso dazu wie das Zielen auf die schwächsten und auf wirtschaftliche Ziele. Walser nannte das Beispiel China, das mit seinen wirtschaftlichen Beteiligungen im Westen ganz bewusst Abhängigkeiten schaffe. Komme es zu einem militärischen Angriff, finde dieser auf mehreren Ebenen statt, auch im Cyberraum, im Weltraum, im Informationsraum. Militärisch entschieden würden Kriege aber weiterhin am Boden. Aus Sicht von jungen Schweizerinnen und Schweizern lohne es sich nach wie vor, so das naheliegende Fazit Walsers, Militärdienst zu leisten und sich dort weiterzubilden.
Ein Lob auf die Nüchternheit
Zu den Herausforderungen an die Wirtschaft und die Unternehmensführung äusserte sich Suzanne Thoma, Verwaltungsratspräsidentin und CEO von Sulzer. Auch sie betonte die Bedeutung einer resilienten Entwicklung. Die Schweizer Wirtschaft sieht sie auf globaler Ebene mehr unter Druck «als wir es gerne hätten», dies insbesondere aufgrund der starken Exportorientierung der Schweiz. Durch die Deglobalisierung werde es in den nächsten Jahren ungemütlicher werden. Den Unternehmen bleibe nur eine Lösung: «Wir müssen zurückkommen zu einer gewissen Nüchternheit.»
Gemeinwohlökonomie als Erfolgsrezept in der neuen Normalität
Sonne in die Sporthalle Aegeten brachte Johannes Gutmann, Eigentümer der Sonnentor Kräuterhandels GmbH aus Österreich. Er gründete 1988 im Waldviertel an der tschechischen Grenze pionierhaft einen kleinen Biobetrieb, gemeinsam mit drei Bauern. Daraus geworden ist ein Unternehmen mit heute 500 Mitarbeitenden und 900 Produkten aus der ganzen Welt. Gutmann erzählte die Geschichte seiner Firma als eine Geschichte von Bauern, die frei werden wollten. Er nannte eine Reihe von Erfolgsfaktoren, die wohl auch das Leben in der neuen Normalität erleichtern können: Empathie, mit Blick auf das Gemeinwohl, Wertschätzung verbunden mit Wertschöpfung, Sinnmaximierung statt Gewinnmaximierung. Und vor allem: «Ich wollte Gleichgewicht und ein gutes Leben.»
Preis der Rheintaler Wirtschaft
Traditionsgemäss wird anlässlich des Rheintaler Wirtschaftsforums auch der Preis der Rheintaler Wirtschaft verliehen. Dieses Jahr gewinnt die Sterngarage in Heerbrugg diese Auszeichnung. Aus den Händen von Jurypräsident Klaus Brammertz konnte das Ehepaar Klara und Bruno Bischofberger, die Patrons des Familienunternehmens, die Preisskulptur in Empfang nehmen. Die Garage mit ihren 70 Mitarbeitenden zeichne sich durch Innovationen und vorbildliche Mitarbeiterführung aus, so die Würdigung.
Das nächste Rheintaler Wirtschaftsforum findet am 26. Januar 2024 statt.
Weitere Informationen: www.wifo.ch