Schweizer Maschinenbauer sehen längerfristig schwarz

Gemäss einer Studie der internationalen Unternehmensberatung A.T. Kearney nehmen die Krisensignale bei Schweizer Maschinenbauern zu. Jedes fünfte Maschinenbauunternehmen habe sich über die letzten Monate in eine kritische Lage gebracht. Derweil verteilt der MEM-Branchenverband Swissmechanic dem Kurs der Schweizer Nationalbank gute Noten.

Schweizer Maschinenbauer senden verstärkt Krisensignale aus. (Bild: Shutterstock)

Mit 77.800 Mitarbeiterinnen ist der Maschinenbau ein wichtiger Faktor der Schweizer Industrie. Laut der neuen Studie «A.T. Kearney Restructuring Score» droht diesem Sektor Ungemach. «Gut 60 Prozent aller 207 untersuchten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz weisen Krisensymptome auf. Besonders betroffen ist die Maschinenbauindustrie. Insgesamt haben 14 Prozent aller Maschinenhersteller mit ernsthaften Krisensymptomen zu kämpfen. Jedes fünfte Maschinenbauunternehmen hat sich über die letzten Monate in eine kritische Lage gebracht», warnt Nils Kuhlwein, Partner und Managing Director der A.T. Kearney Restructuring GmbH.

100’000 Arbeitsplätze verloren

In der Tat hatten die Schweizer Maschinenbauer in der jüngeren Vergangenheit wenig zu lachen. Der sog. Frankenschock vom 15. Januar 2015 mit der Aufhebung des fixen Mindestkurses von CHF 1.20 zum Euro machte sämtliche Pläne der exportorientierten Maschinenhersteller faktisch zur Makulatur. «Die Mitglieder von Swissmechanic waren in Rage!», erinnert man sich heute, noch nicht ganz fünf Jahre später. Denn: Die Aufhebung des Mindestkurses war nicht nur ein harter Schlag für die KMU in der MEM-Industrie, sondern eine ernste Bedrohung für den gesamten Werkplatz Schweiz. Wie Swissmechanic vorrechnet, sind in den letzten zehn Jahren als Folge des starken Schweizer Frankens über 100’000 Arbeitsplätze verloren gegangen.

Schweizer Maschinenbauer trimmen sich fit

Auf der anderen Seite zwang die neue Situation viele Industrieunternehmen zu einem Umdenken. Sie nahmen die Herausforderung an und kommen inzwischen mit der Währungssituation ganz gut zurecht. Gemäss Swissmechanic nahm das Wirtschaftswachstum zwischen 2015 und 2018 wieder zu – allerdings mit starkem Druck auf die Margen. Nach der positiven Entwicklung der letzten Jahre verliert die Schweizer MEM-Industrie im laufenden Jahr aber wieder an Schub. Laut dem Swissmechanic Wirtschaftsbarometer schätzen über 70% der MEM-Unternehmen die aktuelle Lage als angespannt ein. Und gemäss A.T. Kearney hat sich unter den Maschinenbauern der Anteil an Unternehmen mit deutlichen Krisensymptomen von 9 auf 14 Prozent erhöht. Auch im Vergleich zu anderen Bereichen des Automobil-, Industriegüter- und Dienstleistungssektors werden sie deutlich schwächer bewertet. «Das Bild bei den Automobilzulieferern ist dagegen noch nicht ganz so einheitlich. Der Restrukturierungsscore konnte sich zwar bis Juli 2019 von 2,42 auf 2,14 verbessern, hat sich seitdem jedoch wieder verschlechtert. Einerseits weisen knapp die Hälfte aller analysierten Automobilzulieferer Krisenmerkmale auf, andererseits kann die andere Hälfte weiterhin als gesund betrachtet werden», erklärt Kuhlwein.

Noch erhebliches Auftragsvolumen vorhanden

Viele Schweizer Maschinenbauer, aber auch Zulieferer etwa für die Automobilindustrie, profitieren noch immer von Aufträgen aus den vergangenen Jahren und können daher Verschlechterungen in ihren Finanzdaten ausgleichen. Dennoch ist die Branche überdurchschnittlich anfällig für regionale und globale konjunkturelle Änderungen, wie dem Brexit oder dem Handelsstreit zwischen den USA und China. Auch die sich weiter verschärfenden Klimadiskussionen wirken sich belastend auf die Automobilabsätze aus. Um dem Trend entgegensteuern zu können, seien Anpassungen im Geschäftsmodell aller regionalen Automobilzulieferer notwendig, damit die (finanzielle) Wettbewerbsfähigkeit verbessert wird, so die Schlüsse von A.T. Kearney aus der Studie.

Nationalbank «macht guten Job»

Über die Branchen hinweg müssten die Befunde differenziert betrachtet werden, räumt Nils Kuhlwein von A.T. Kearney ein. «Manch mediales Untergangsszenario scheint derzeit noch übertrieben, spiegelt sich doch die Situation (noch) nicht zur Gänze in den Kapitalmarktdaten wider. Man kann also sagen: Krisenanzeichen ja – Rezession nein.» Ebenfalls nicht in Alarmstimmung verfällt Swissmechanic. «Dank der klar kommunizierten und steten Geldpolitik der Nationalbank unter der Führung von Thomas Jordan ist für die MEM-Branche an der Währungsfront zumindest Ruhe eingekehrt. Die Branche hat eine solide Grundlage für eine effiziente Planung,» teilte der Branchenverband in dieser Woche via Pressemeldung mit. Auch wenn der starke Franken die Wirtschaft immer noch extrem schmerze und auf die Margen drücke, ist Swissmechanic dezidiert der Meinung, dass die Nationalbank unter der Führung von Thomas Jordan das Richtige tue, indem sie einen geldpolitischen Kurs fährt, der den Franken nicht noch stärker werden lässt. «Die SNB macht einen sehr guten Job für unsere Unternehmen», schreibt Swissmechanic.

Quellen: Swissmechanic, A.T. Kearney

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