Über 50-Jährige weiterhin Verlierer im Arbeitsmarkt
Die neuen Zahlen des von Rundstedt Arbeitsmarkt-Barometers 2020 sind da. Es sind ein paar neue interessante Trends auf dem Schweizer Arbeitsmarkt erkennbar. Eine der Erkenntnisse: Über 50-Jährige haben es weiterhin schwer auf dem Arbeitsmarkt.
Die Zahlen der jährlichen von Rundstedt Outplacement-Statistik zeigen im 2019 einerseits ein paar Korrekturen der zum Teil ausgefallenen Ergebnisse des Vorjahres. Andererseits sind auch klar ein paar neue interessante Trends erkennbar. Dieser Barometer 2020 betrifft die gesamte Schweiz und basiert auf den Informationen von 1’524 von einer Kündigung betroffenen Mitarbeitern und von 192 Unternehmen aus verschiedenen Branchen, welche 2019 in der Schweiz Kündigungen aussprechen mussten. Er ergibt somit ein interessantes Stimmungsbild des gesamtschweizerischen Arbeitsmarktes 2019, der sich nicht in allen Teilen deckt mit dem an anderer Stelle kommunizierten Optimismus.
40-50 Jährige mit dem grössten Kündigungsrisiko
Im Vergleich zur demografischen Beschäftigungsverteilung wird die Altersgruppe der 40-50 Jährigen mit Abstand am häufigsten gekündigt. Während diese Altersgruppe etwa nur 25% der Beschäftigten ausmacht, sind 42% der Kündigungen auf sie gefallen. Auf der anderen Seite werden jüngere Arbeitnehmer viel seltener gekündigt. So haben nur 27% der Kündigungen jüngere Arbeitnehmer (unter 40) betroffen, obwohl diese 44% der Beschäftigten im Schweizer Arbeitsmarkt ausmachen. Entgegen häufiger Behauptungen liegt die Kündigungsquote bei den als Risikogruppe gehandelten Ü50 mit 31% im normalen Bereich. Sie entspricht in etwa dem demografischen Beschäftigungsanteil von 30%. Damit kann die Behauptung widerlegt werden, dass über 50-Jährige bei Kündigungen diskriminiert würden.
Ü50 brauchen bei der Stellensuche immer länger
Im letzten Jahr hat die Dauer der Stellensuche gekündigter Arbeitskräfte leicht zugenommen. Dies obwohl es im Schweizer Arbeitsmarkt mehr offene Stellen hatte als in den Vorjahren und die Arbeitsmarktkonjunktur positiv war. Sie liegt 2019 im Gesamtdurchschnitt neu bei 5.6 Monaten Suchdauer. Dabei ist zu vermerken, dass die Suchdauer bei den jüngeren Arbeitskräften (U40) nochmals leicht abgenommen hat. Sie liegt aktuell bei etwa 4.0 Monaten. Dagegen hat die Suchdauer bei älteren Arbeitskräften stark zugenommen. So liegt sie bei den 40-50 Jährigen bei 5.8 Monaten und bei den Ü50 sogar bei 7.8 Monaten. Dies verdeutlicht, dass das Alter bei der Stellensuche zunehmend zu einem Nachteil wird. Die Suchdauer hängt aber nicht nur vom Alter, sondern auch von anderen Faktoren ab. So gibt es Ü50, die relativ schnell eine neue Stelle finden, während andere umso länger brauchen. Von Rundstedt stellt fest, dass die Diskrepanz zwischen den «leichten» Profilen (Suchdauer von 3.5 Monaten) und «schwierigen» Profilen (Suchdauer von 11.2 Monaten) weiterhin gross ist. Dies weise auf die zunehmende Polarisierung im Arbeitsmarkt hin.
Stellenmeldepflicht zeigt Wirkung – aber nicht für über 50-Jährige
2019 sind viel mehr der offenen Stellen öffentlich ausgeschrieben worden als noch in den Vorjahren. Ein gewichtiger Grund stellt sicherlich die 2017 neu eingeführte Stellenmeldepflicht dar. Dazu kommt aber, dass es heute auch für kleinere Arbeitgeber durch die digitalen Möglichkeiten und die sozialen Medien viel einfacher geworden ist, Stellen zum Nulltarif zu veröffentlichen. Diese zunehmende Transparenz im Schweizer Arbeitsmarkt führt dazu, dass 2019 mit 41% ein Grossteil der Stellenerfolge über öffentliche Stellenausschreibungen erzielt werden konnten. Im Vorjahr waren es erst 24%. Über persönliche Kontakte auf dem «verdeckten Arbeitsmarkt» sind nur noch 33% (Vorjahr 41%) der Stellen vermittelt worden. Somit ist der verdeckte Arbeitsmarkt immer noch ein wichtiger Suchkanal. Erneut gesunken ist 2019 der Anteil der durch Headhunter oder Stellenvermittler gefundenen Stellen, dieser ist von 9% im 2018 auf neu 8% gefallen. Somit kann festgestellt werden, dass die Stellenmeldepflicht einen wichtigen Beitrag zur Transparenz im Schweizer Arbeitsmarkt beiträgt und in dieser Hinsicht ein Erfolg ist. Festzustellen ist, dass für über 50-Jährige (der ursprünglichen Zielgruppe der Stellenmeldepflicht) der erfolgreichste Suchkanal weiterhin der verdeckte Arbeitsmarkt ist. Sie bekunden bei öffentlichen Ausschreibungen und Rekrutierungsverfahren nach wie vor Mühe und sind vor allem über persönliche Kontakte erfolgreich.
Fachkräftemangel führt zu mehr Mobilität
Während in den vergangenen Jahren der Zero Gap (d. h. keine Abweichung zum Anforderungsprofil bei einer Einstellung, Anm. d. Red.) laufend zugenommen hat, konnten wir 2019 zum ersten Mal eine starke Zunahme der Branchenmobilität und der funktionalen Flexibilität feststellen. So ist es mit 48% fast der Hälfte der Stellensuchenden gelungen, einen Branchenwechsel vorzunehmen. Dies ist eine grosse Steigerung zum Vorjahr (25%). Auch die funktionale Mobilität hat mit 32% (Vorjahr 25%) stark zugelegt. So hat fast ein Drittel der Stellensuchenden in der Neuorientierung eine Stelle mit neuer Funktion gefunden. Scheinbar wirkt sich der zunehmende Fachkräftemangel nun endlich positiv auf die Mobilität und die Dynamik bei der Stellensuche aus. Dies zeigt, dass Arbeitgeber und Arbeitskräfte je länger je besser mit dem Strukturwandel klarkommen und sich die Flexibilität im Schweizer Arbeitsmarkt erhöht. Diese Entwicklung wird dadurch bestätigt, dass viele Unternehmen der steigenden Agilität mit zunehmender interner Mobilität entgegentreten.
Quelle und weitere Informationen: www.rundstedt.ch