Rückblick NWX23: Arbeitsmarkt im Banne von Fachkräftemangel, Generationenkonflikten und KI
Am 14. Juni 2023 fand unter dem Motto „Work Forward“ die NWX23 in der Hamburger HafenCity statt. An vier Locations, darunter die berühmte Elbphilharmonie, und auf 16 Bühnen stiessen zahlreiche internationale Speaker auf grosses Interesse bei den 2.500 Besucherinnen und Besuchern. Das Fazit: Fachkräftemangel, Generationenkonflikte und Künstliche Intelligenz treiben den Umbruch des Arbeitsmarktes voran.
In der Schweiz war am 14. Juni 2023 Frauenstreiktag – in Hamburg fand mit der NWX23 das wohl grösste HR-Festival im deutschsprachigen Raum statt. Was die beiden Anlässe miteinander zu tun haben? Mehr als man vielleicht vermuten würde. Denn Genderthemen, die Gleichbehandlung von Generationen und Kulturen gehören inzwischen zu einem herausfordernden Mix von Faktoren, welche die Arbeitswelt beschäftigen. So legte etwa Gazelle Vollhase, Recruiting, Diversity & Inclusion Partner beim Online-Preisvergleichsportal idealo und als Transfrau selbst Teil der LGBTQ-Community, den Finger in einige wunde Punkte im Recruiting. „Modernes Recruiting ist inklusives Recruiting“, sagte sie in ihrer Keynote. Und da gehe es nicht einfach um Frauenquoten, denn auch da denke man primär nur an den Typus „Weisse Frau“. Wenn schon Quoten, dann solche für „underrepresentated groups“, so ihre Forderung. Die Generation Z achte zudem auch auf eine inklusive Sprache, das beginne bereits beim konsequenten Gendern auf Firmenwebsites. Unternehmen können von einem diversen und inklusiven Recruiting profitieren, müssen dabei aber viele ihrer eingestaubten Parameter für die Einstellung überdenken.
Dialog zwischen den Generationen fördern
Gazelle Vollhase war nur eine von insgesamt über 150 bekannter und weniger bekannter Stimmen aus Politik, Wirtschaft, Human Resources, Wissenschaft und Kultur. Zu den Referierenden gehörten neben Sascha Lobo und John Bercow (ehem. Sprecher des britischen Unterhauses) auch deutsche Fussball-Prominenz in Person von Steffi Jones, Neven Subotic und Manuel Gräfe. Unter dem Titel „Welcome to New Challenges“ sprachen Petra von Strombeck, CEO der New Work SE, und Marc-Sven Kopka, Vice President External Affairs ebendort, die NWX23 über Generationenkonflikte, Fachkräftemangel und Künstliche Intelligenz als drei der grössten Herausforderungen für den Arbeitsmarkt. „Der Umbruch des Arbeitsmarktes steht auch für einen Aufbruch – und genau hier setzen wir mit der NWX23 an”, erklärte von Strombeck bei der Eröffnung des Events. „Um zukunftsfähig zu bleiben, müssen wir Chancen, die uns die Digitalisierung bietet, nutzen, den Dialog zwischen Generationen fördern und die Bedürfnisse von Fachkräften in den Fokus rücken.”
Arbeitskräftemangel, nicht „nur“ Fachkräftemangel…
Mit zahlreichen Masterclasses, Panels, Workshops und Keynotes ging das vielfältige Programm den ganzen Tag über weiter. An das Thema altersübergreifende Zusammenarbeit knüpfte auch die Keynote der Generationenforscherin Dr. Eliza Filby an, die erläuterte, wie sich die Perspektivenvielfalt verschiedener Altersgruppen unter einem Dach führen lässt. Ihr Fazit: Es funktioniert, aber man muss daran arbeiten.
Cawa Younosi, Personalchef und Mitglied der Geschäftsführung von SAP, Kerstin Wagner, Leiterin Personalgewinnung bei der Deutschen Bahn, Katharina Herrmann, Vorstand Personal und Compliance bei Hubert Burda Media, sowie Katrin Schwerdtner, Head of People & Culture bei Tomorrow, diskutierten in einem der am stärksten besuchten Panels zum Thema „New Talent: Verstehen wir den Fachkräftemangel richtig?“ Die Speaker waren sich einig, dass nicht der Fachkräfte-, sondern der Arbeitskräftemangel das Kernproblem darstellt. Und was wir heute erleben, sei nur der Beginn eines drohenden Tsunamis, wie Prof. Dr. Heike Bruch von der Universität St.Gallen, ebenfalls Keynote-Speakerin in Hamburg, im Gespräch mit unserem Medium warnte. Wenn wir die Auswirkungen des demografischen Wandels nicht heute anpacken, würde es spätestens ab 2025 „wirklich schwierig“, genügend Arbeitskräfte zu finden.
„Reverse Recruiting” bei der XING Job-Welt
Natürlich war die NWX23 im Kern auch ein PR-Event für die New Work SE mit ihren drei Brands XING, onlyfy by XING und kununu. Dass das Unternehmen hilfreiche Tools für das Recruiting anbietet, wurde denn auch immer wieder unterstrichen. So stand erstmals auch die XING Job-Welt, bei der sich rund 20 Unternehmen direkt vor Ort bei mehr als 800 jungen Talenten bewerben konnten, auf dem Programm. Das Angebot, das für Studierende kostenlos war, wurde nach Angaben von New Work SE überdurchschnittlich positiv angenommen und habe sich als neues Format bewährt. Dazu hätten auch die gut besuchten und hochkarätig besetzten Masterclasses und Workshops mit renommierten Karriere- und Bewerbungs-Coaches wie Dr. Bernd Slaghuis oder Nane Nebel beigetragen.
Inklusives Recruiting, Positionieren einer Arbeitgebermarke und die Menschen ins Zentrum zu stellen und nicht einfach nur ihre Arbeitskraft: Dies waren vielgehörte Rezepte in Hamburg. Auch Best Practice-Beispiele wurden erwähnt: Heike Wenzel, geschäftsführende Gesellschafterin der WENZEL Group GmbH & Co. KG, wusste über positive Erfahrungen mit der 4-Tage-Woche in ihrem Familienunternehmen zu berichten. Damit lässt sich nicht nur bei der Generation Z punkten, der nachgesagt wird, sie wolle zwar Geld verdienen, dabei aber weniger – oder eben vielmehr: anders arbeiten.
Rückblick NWX23: Noch viel zu tun – also „Word Forward“
Zusammenfassend: Die NWX23 zeigte sich als Panorama der aktuellen Herausforderungen in der Arbeitswelt. Diese sind zwar im einzelnen nicht neu, treten nun aber geballt und in hoher Geschwindigkeit auf. Zu deren Bewältigung taugen die Mittel der Vergangenheit nicht mehr. Und viele Unternehmen sehen sich zu neuen Lösungsansätzen gezwungen, die auch mal Widerstände auslösen können. Und es muss festgehalten werden, dass noch viel zu tun bleibt und viele bestehende Mindsets verändert werden müssen. Vor diesem Hintergrund dürften auch Protestbewegungen wie der Frauenstreik in der Schweiz noch länger notwendig bleiben, solange Arbeitgeber z.B. anhand von ein paar Statistiken glauben machen wollen, es sei ja mit der Lohngleichheit alles in Ordnung…