Diskrepanz zwischen Management und Frontline-Mitarbeitenden wird grösser

Knapp zwei Wochen vor dem 1. Mai hat Beekeeper den Bericht „Frontline 2023: Trends und Prognosen” veröffentlicht. Darin wird die Diskrepanz zwischen den Beschäftigten an der Frontline und ihren Führungskräften deutlich, die zu einer hohen Fluktuation im Unternehmen führen kann. Lösungen finden sich unter anderem in der Digitalisierung.

Die Welt der Frontline-Arbeitskräfte verändert sich. Der Bericht „Frontline 2023: Trends und Prognosen” zeigt, wie die zukunftsweisenden Trends für das Jahr 2023 aussehen. (Grafik: Beekeeper AG)

Beekeeper ist u.a. Anbieter des „Frontline Success Systems“, einer mobilen Plattform für die Zusammenarbeit von Frontline-Teams. Das Unternehmen hat in einer der umfassendsten Umfragen weltweit 6’000 Beschäftigte und Führungskräfte aus Europa und den USA zum Thema Mitarbeiterbindung befragt: Was motiviert und was stresst? Was trägt dazu bei, dass Beschäftigte an ihrem Arbeitsplatz bleiben? Viele dieser Branchen leiden unter einer hohen Fluktuation und erschöpftem Personal. Das Problem, so das Ergebnis der Befragung, liege nicht in überzogenen Erwartungen der Belegschaft. Vielmehr zeige sich eine unzureichende Kommunikation zwischen den Hierarchiestufen: Viele Manager wissen schlicht nicht, was ihren Mitarbeitenden am Arbeitsplatz fehlt.

Unternehmen gibt der Bericht praktische Hinweise, wie sie die Qualität der Arbeitsplätze und das Mitarbeitererlebnis verbessern und so dem Fachkräftemangel entgegenwirken können. Dazu gehören unter anderem verlässliche Schichten und attraktive Sozialleistungen. Bei der Digitalisierung der Frontline-Arbeitsplätze haben alle Branchen Nachholbedarf. Besonders weit hinten liegt nach Einschätzung der Befragten die Baubranche.

45 Prozent der Angestellten planen, ihren Arbeitsplatz zu verlassen

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, wie hoch der Handlungsbedarf für Unternehmen ist: 45 Prozent der Angestellten planen, ihren Arbeitsplatz in den kommenden Monaten zu verlassen. Die Frontline-Branchen haben mit besonders vielen Kündigungen zu kämpfen. Im Einzelhandel beispielsweise liegt die Fluktuationsrate bei 60 Prozent. 50 Prozent der stundenweise Beschäftigten kündigen ihren Arbeitsplatz innerhalb der ersten 120 Tage. Insgesamt kostet Fluktuation die Unternehmen weltweit jedes Jahr 630 Milliarden Dollar, wie aus dem „2020 Retention Report“ des Work Institutes hervorgeht. Cristian Grossmann, Gründer und CEO der Beekeeper AG: „Die Art und Weise, wie Unternehmen das wichtige Thema Mitarbeiterbindung angehen, funktioniert ganz offensichtlich nicht. Studien und Befragungen zeigen, dass es eine wachsende Diskrepanz zwischen den Wünschen der Mitarbeitenden und den Vorstellungen der Geschäftsführung gibt. Jeder Mitarbeiter, der geht, kostet durchschnittlich fast 12’000 Franken. Wenn Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen sie wirkungsvolle Massnahmen ergreifen, um die Bindung ihrer Beschäftigten an das Unternehmen zu verbessern.“

Anerkennung, Feedback, verlässliche Schichten und gute Sozialleistungen

Zu den wichtigsten Faktoren für Motivation und Mitarbeiterbindung gehören:

  • Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, die Arbeit in guter Qualität und in der vorgesehenen Zeit zu erledigen. In der Fertigungsindustrie etwa ist dies für die Hälfte der Befragten der grösste Motivator.
  • Eine Führung, die sich um die Belegschaft kümmert und ihr für ihren Einsatz dankt, ist für rund die Hälfte der Mitarbeitenden in allen Branchen entscheidend.
  • In den kundenorientierten Branchen wie Gesundheitsberufen, dem Einzelhandel und dem Baugewerbe stehen mit jeweils über 60 Prozent positives Feedback von Kollegen und Kunden an der Spitze der motivierenden Faktoren.
  • Für 51 Prozent der Fachkräfte im Gesundheitswesen und 48 Prozent der Mitarbeitenden im Einzelhandel ist es wichtig, dass Vorgesetzte die harte Arbeit anerkennen.
  • 32 Prozent der Befragten im Gesundheitswesen und 39 Prozent im Einzelhandel legen Wert auf vorhersehbare und verlässliche Schichten als einer der wichtigsten Faktoren.
  • In der Fertigungsindustrie legen 49 Prozent Wert auf eine Führung, die sich aktiv für die Mitarbeitenden einsetzt. An zweiter Stelle liegen für 35 Prozent wettbewerbsfähige Sozialleistungen wie Gesundheitsfürsorge, psychologische Betreuung, Kinderbetreuung, Transport und bezahlte Freizeit.
  • Ebenfalls 35 Prozent der Beschäftigten in der Fertigungsindustrie und 37 Prozent im Gesundheitswesen möchten verstehen, warum ihre Arbeit für das Unternehmen und die Gesellschaft wichtig ist.
  • 32 Prozent der Beschäftigten im Baugewerbe gaben an, dass sie sich Werkzeuge und Technologien wünschen, die ihnen helfen, besser und intelligenter zu arbeiten.

Frontline-Arbeitsplätze sind kaum digitalisiert

Cristian Grossmann erklärt: „Das Baugewerbe liegt bei der digitalen Transformation notorisch hinter anderen Branchen zurück. Wird digitalisiert, dann in erster Linie durch hochentwickelte Projektmanagement-Tools wie Cloud-basierte Programme und Building Information Modeling, kurz BIM. Mitarbeitende auf dem Bau wollen ausserdem speziell für sie entwickelte Tools, mit denen sie an der digitalen Revolution der Branche teilhaben können.“

Nur drei Prozent nutzen Kollaborations-Apps

In anderen Frontline-Branchen sieht es nicht viel besser aus: In der Produktion geben im deutschsprachigen Raum 85 Prozent der Beschäftigten an, mit E-Mails zu arbeiten, im Gastgewerbe sind es 81 Prozent, gefolgt von WhatsApp und SMS mit 55 bzw. 75 Prozent. Eine App, über die Mitarbeitende ohne PC-Arbeitsplatz beispielsweise ortsunabhängig ihre Aufgaben managen oder auf Checklisten zugreifen können, nutzen in den DACH-Ländern nur drei Prozent der Produktionsbetriebe und acht Prozent der Arbeitgeber in der Gastronomie. Und selbst in Sachen Intranet gibt es mit elf Prozent in deutschen Produktionsbetrieben und 17 Prozent in der Gastronomie Nachholbedarf. Vergleichsweise gut digitalisiert ist die Gesundheitsbranche. Hier betreiben immerhin 43 Prozent der Arbeitgeber ein Mitarbeiterportal oder ein Intranet. Nur zehn Prozent setzen eine Mitarbeiter-App für die Arbeitsorganisation ein.

Kommunikationsbruch zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden

Die Befragung zeigt Faktoren für Motivation und Mitarbeiterbindung, die nachvollziehbar und leicht umzusetzen scheinen. Sie liefert aber auch eine überraschende Erkenntnis: Für Mitarbeitende sind neben positivem Feedback vor allem berechenbare Schichten und wettbewerbsfähige Sozialleistungen wichtig. Demgegenüber stehen 55 Prozent der Führungskräfte, die in Feedback und Anerkennung die besten Mittel sehen, um ihr Team zu halten. Verlässliche Schichten halten lediglich 16 Prozent für wichtig, attraktive Sozialleistungen liegen mit nur 14 Prozent sogar auf dem letzten Platz. Diese frappierenden Unterschiede deuten auf einen Kommunikationsbruch und ein zu geringes Verständnis zwischen den beiden Gruppen hin.

„Unsere Umfrage hat ein erhebliches und folgenschweres Kommunikationsdefizit innerhalb der Frontline-Unternehmen ans Licht gebracht. Wir nennen dieses Phänomen ‚Frontline-Disconnect‘. Unternehmensleitungen und Führungskräfte müssen schnellstmöglich herausfinden, was ihre Beschäftigten brauchen und sich an ihrem Arbeitsplatz wünschen. Die meisten Führungskräfte und Teams verbringen ihre Tage damit, zu reagieren. Brände löschen. Auf der Stelle treten. Und Symptome zu behandeln. Es ist an der Zeit, das zu ändern und sich stattdessen auf die Ursachen zu konzentrieren“, fasst Cristian Grossmann den Handlungsbedarf zusammen.

Der Bericht „Frontline 2023: Trends und Prognosen” ist ab sofort kostenlos auf Deutsch und Englisch erhältlich: Download hier

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