Fachkräftemangel …

Auch wenn mittlerweile wieder viele Stellen besetzt wurden, fehlt es an allen Ecken und Enden an qualifiziertem Personal. Ein Gastkommentar.

Michelle Rütti-Kummli ist CEO des KUMMLI-Netzwerks
Bild: Thomas Berner

Wer ist Schuld am Fachkräftemangel: der Stress im gesamten Wirtschaftssystem? An jedem Anlass, jedem Gespräch über die grössten Herausforderungen als Unternehmer und Entscheidungsträger auf dem Werkplatz Schweiz hören wir die gleichen Aussagen. Die Situation spitzt sich zu. Und das Problem ist nicht branchenspezifisch: Im Gastrobereich fehlen vor allem Köche, im Holzbau gut ausgebildete Zimmerleute, und in der Logistik herrscht Mangel an Chauffeuren. Zudem leidet das Personal im Gesundheitswesen an Überarbeitung. Oft wird in den Medien und Fachzeitschriften über Start-ups aus der digitalen Szene berichtet. Doch die Bedeutung und Wichtigkeit eines handwerklichen Berufes wäre ebenfalls mehr als nur einen Bericht oder eine Schlagzeile wert. Für die Wertschätzung und Attraktivität der Tätigkeit und nicht zuletzt für die Motivation. Fängt es damit an, dass eine Lehre nicht mehr attraktiv genug ist? Doch wo sind die Verbände, um die Berufe schon an den Schulen nahezubringen? Muss einem Schulabgänger bereits ein Work-Life-Balance-Paket angeboten werden? Haben zukünftige Fachkräfte zu grosse Erwartungen oder werden sie von den Medien immer wieder darauf aufmerksam gemacht, welche Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt bestehen, die gar nicht dem Arbeitsalltag bei einem KMU entsprechen? Nach der Lehre oder dem Studium wollen oder sollen sie nur Teilzeit arbeiten, weil sonst zu wenig Qualitätszeit bleibt?

Abwägen der Belastbarkeit und Attraktivität als Arbeitgeber und sich den Forderungen des Arbeitnehmers stellen sind tägliche Aufgaben, die immer mehr Zeit und Energie in Anspruch nehmen, welche für Aufgaben und zum Erreichen der Umsatzziele fehlen. Zunehmend häufen sich die Diskussionen bei Unternehmern, CEOs und Verwaltungsräten in unserem Netzwerk, dass der Staat als Arbeitgeber zu einem bedeutenden Mitbewerber wird. Es werden Löhne bezahlt, Fringe Benefits angeboten, über Modelle wie die 4-Tage-Woche diskutiert, die sich ein KMU gar nicht leisten kann. Der grosse und relevante Hauptunterschied zwischen Staat und Privatwirtschaft ist jedoch, dass die Unternehmen einem Markt mit Angebot und Nachfrage ausgeliefert sind – der Staat nicht. Dazu kommt, dass die Regulierungen immer mehr zunehmen. Ein Logistikunternehmer im internationalen Markt erzählte, dass für Chauffeure die Überwachung und Kontrolle auf jeden Meter und Minute nicht zur Attraktivität dieser Tätigkeit beiträgt. Oder: Ein Schweizer Unternehmer, der Schutzund Rettungswagen ausrüstet, nimmt an einer öffentlichen Ausschreibung von 16 Rettungswagen teil. Kurz nach der termingerechten Eingabe kommt die Absage mit der Begründung: «nicht gendergerecht» … Sollten wir nicht gerade jetzt, in diesen Zeiten, wo es an gutem Personal mangelt, die Preise steigen und sich Lieferungen verzögern, die Unternehmen entlasten? Dass dies möglich ist mit weniger Formalitäten, schnelleren und unkomplizierten Entscheidungen, wissen wir aus Zeiten der Pandemie.

Über die 20 Jahre als Netzwerkerin durfte ich schon in viele tolle Perlen von Unternehmen blicken, unzählige Gespräche führen und Know-how teilen und daraus zielführende Kontakte für unsere Kunden vermitteln. Das ist genau das, was wir anlässlich des KNOW HOW PLACE am 9. November 2022 zum 32. Mal und den KUMMLI-TALKs machen: «Learn from the best – and share.» Themenbezogen findet am Donnerstagabend, 25. August 2022, ein KUMMLI-TALK mit dem Titel «Handwerk hat goldenen Boden – trotz Digitalisierung. Doch wo sind die Fachkräfte?» statt. Unsere Talk-Gäste sind Daniela Spuhler-Hoffmann, Verwaltungsratspräsidentin der Esslinger AG, und Nils Planzer, Verwaltungsratspräsident der Planzer Logistik AG. Member und Gäste aus dem KUMMLI-Netzwerk bringen an diesem Anlass eigene Erfahrungen und Herausforderungen ein. Es entstehen Ideen, wie man dem Fachkräftemangel entgegenwirkt, voneinander lernt – und natürlich entstehen neue Geschäftskontakte.

Michelle Rütti-Kummli ist CEO des KUMMLI-Netzwerks, eines inhabergeführten Familienunternehmens, das Unternehmer, Verwaltungsräte und CEOs, Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik miteinander vernetzt – persönlich, handverlesen und mit hoher Diskretion. www.kummli.com

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