Wenn Arbeitnehmende am Unternehmen Rache üben

Nicht eingehaltene Versprechen, Vertrauensbruch am Arbeitsplatz, der Eindruck, stetig übergangen zu werden: Manche Arbeitnehmende sehen sich dann veranlasst, mit "gleicher Münze zurückzuzahlen": Sie rächen sich am Unternehmen.

Aus Wut auf den Arbeitgeber greifen Mitarbeitende zuweilen auch anderen Mitteln: Sie über durch böswilliges Verhalten Rache. (Bild: Depositphotos.com)

Verspätetes Erscheinen im Büro, absichtlich langsames Arbeiten oder die Abgabe minderwertiger Arbeit: Die Möglichkeiten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sich an ihrem Arbeitgeber für einen Vertrauensbruch und nicht gehaltene Versprechen zu rächen, sind vielfältig. Tatsächlich nutzt ein Grossteil der Angestellten von Zeit zu Zeit die Gelegenheit, am Arbeitgeber Rache zu üben. Eine neue Studie der WHU – Otto Beisheim School of Management, der Universität Liverpool, der Singapur Management Universität und dem Indian Institute of Management Ahmedabad konnte zeigen, dass Unternehmen diesem Verhalten mithilfe von Achtsamkeitstrainings entgegenwirken können.

Wenn Arbeitnehmende sich rächen

Es sind erstaunliche 90 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den USA, die zugeben, sich hin und wieder am Arbeitgeber zu rächen. Die Autoren der Studie „Mindfulness attenuates both emotional and behavioral reactions following psychological contract breach: A two-stage moderated mediation model“ gehen davon aus, dass sich diese Grössenordnung auch auf den europäischen und deutschsprachigen Raum übertragen lässt. Als Auslöser gelten Vertrauensbrüche des Arbeitsgebers in Form von nicht eingehaltenen Versprechen, die im modernen Arbeitsalltag leider immer wieder vorkommen. Sie zeigen sich beispielsweise, wenn ein Arbeitgeber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern versprochene berufliche Entwicklungsmöglichkeiten (zum Beispiel interessante Aufgaben, Beförderungen), Arbeitsregelungen (zum Beispiel Gleitzeit oder Homeoffice) oder Vergütungen (zum Beispiel Gehaltserhöhungen oder Prämien) vorenthält. Dies führt zu feindseligem Verhalten der Angestellten gegenüber ihrer Firma, welches bei den Unternehmen jährlich Schäden in Milliardenhöhe verursacht. Die Arbeitnehmer möchten es dem Unternehmen „heimzahlen“ und zeigen weniger Engagement, lassen sich deutlich mehr Zeit für ihre Aufgaben oder folgen Anweisungen von Vorgesetzten nicht mehr. Wie die Studie zeigt, kann dieser Effekt aber verhindert oder zumindest stark abgemildert werden: Die Lösung lautet Achtsamkeit.

Achtsamkeit beugt Rache vor

Etwa 22 Prozent aller Arbeitgeber in den Vereinigten Staaten bieten ihren Angestellten heute schon Achtsamkeitstrainings an – mit sehr guten Ergebnissen und einer Rückläufigkeit feindseligen Verhaltens nach einem Vertrauensbruch. Achtsamkeit ist eine Form der Konzentration, bei der es darum geht, Gedanken und Gefühle bewusst wahrzunehmen, ohne sie zu beurteilen. Durch die Methode lernen Menschen, sich selbst besser zu kontrollieren und weniger emotional zu reagieren. Zwei Achtsamkeitsprozesse sind entscheidend, um sowohl auf emotionaler als auch auf Verhaltensebene flexibler zu reagieren: die Entkopplung gemachter Erfahrungen von der eigenen Person und weniger Automatismus in den Reaktionen. Durch die Entkopplung ist das Ich in der eigenen Wahrnehmung weniger stark involviert und die Person in der Lage, mental Abstand zu den Ereignissen und Erfahrungen zu nehmen. Achtsame Menschen können mit negativen Erfahrungen daher neutraler umgehen und ihre emotionale Wirkung enttarnen. Sie reagieren dadurch bewusster und weniger impulsiv. So gelingt es ihnen, ein nicht erfülltes Versprechen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, mildernde Faktoren zu berücksichtigen und für Alternativen zur Beilegung des Konflikts offen zu sein. Achtsamkeitstrainings sind also für Angestellte und Unternehmen gleichermaßen sinnvoll und helfen dabei, hohen wirtschaftlichen Schaden von den Firmen abzuwenden.

Tipps für Praktiker

  • Böswilliges Verhalten von Mitarbeitenden kann sich finanziell auf Ihr Unternehmen auswirken. Als Manager sollten Sie deshalb wissen, wie Sie die Wahrscheinlichkeit verringern, dass Mitarbeitende auf einen Vertrauensbruch derart reagieren, dass sie Ihrem Unternehmen schaden. Dies ist heute besonders wichtig, da die Erwartungen der Angestellten aufgrund der zunehmenden Globalisierung, des Wettbewerbs, der Volatilität und der Unsicherheiten immer häufiger nicht erfüllt werden.
  • Denken Sie daran, dass achtsame Mitarbeitende in der Regel wahrscheinlich weniger böswillig auf einen Vertrauensbruch reagieren. Da Achtsamkeit durch Übungen erlernt werden kann, sollten Unternehmen entsprechende Schulungen anbieten, um Mitarbeiter bei der Selbstregulierung zu unterstützen. Dies kann ihnen helfen, mit negativen Arbeitserfahrungen besser umzugehen.
  • Beachten Sie, dass Achtsamkeitstrainings nicht dazu dienen sollten, Mitarbeitende zu beschwichtigen, damit Sie oder Ihr Unternehmen weiterhin Vertrauensbrüche begehen können, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Angestellte können nach einem Vertrauensbruch zu Recht verärgert sein. Es ist nicht immer möglich, negative Erfahrungen bei der Arbeit zu verhindern. Dennoch können Achtsamkeitspraktiken Mitarbeitenden helfen, mit negativen Erfahrungen produktiv umzugehen. Dies sollten Sie ihnen ermöglichen – zum Nutzen aller Beteiligten.

Quelle: www.whu.edu

(Visited 492 times, 1 visits today)

Weitere Beiträge zum Thema