Brexit: „Keine kurzfristigen Massnahmen“
Offene und flexible Arbeitsmärkte sind das Herz einer Volkswirtschaft. Andererseits stösst die unbeschränkte Zuwanderung auf politischen Widerstand. Der BREXIT hat diese Ausgangslage nicht entschärft. Vor diesem Hintergrund wird am Europa Forum Luzern vom 14. November, dem Gipfeltreffen von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik über die Zukunft der Schweiz in Europa diskutiert. Im Vorfeld unterhielten wir uns mit André Frei, Co-CEO der Partners Group.
Ihre Mitarbeiter sind der wohl wichtigste Faktor für den Erfolg ihres Unternehmens. Wie stellen Sie sicher, dass Sie die richtigen Fachkräfte finden? Sind Sie dabei von der Zuwanderungsinitiative in der Schweiz betroffen und spüren einen Mangel an Fachkräften?
Sie haben Recht, unsere Mitarbeiter sind tatsächlich der entscheidende Erfolgsfaktor für unser Unternehmen und wir legen grössten Wert darauf, die weltweit besten Talente anzustellen. Um dies sicherzustellen, durchlaufen alle Bewerber einen intensiven, mehrstündigen bzw. über mehrere Tage verteilten Interviewprozess, bei dem wir neben Qualifikation und Arbeitserfahrung auch einen besonderen Wert auf den „kulturellen fit“ legen, um eine teamfähige und langfristig orientierte Unternehmenskultur zu fördern.
Da wir als Unternehmen sehr global aufgestellt sind, betrifft uns die Einwanderungsinitiative deutlich weniger als Unternehmen, die den Grossteil ihrer Arbeitskräfte in der Schweiz haben und auf internationale Fachkräfte vor Ort angewiesen sind. Unsere mehr als 850 Mitarbeiter verteilen sich auf 19 Niederlassungen weltweit, entsprechend rekrutieren wir auch global. Als einer der führenden Privatmarktspezialisten in einer Industrie mit stark wachsender Nachfrage erhielten wir letztes Jahr etwa 15’000 Bewerbungen auf rund 100 offene Stellen.
Wir sind also in der komfortablen Lage, dass viele qualifizierte Talente für uns arbeiten möchten und sich direkt an uns richten. Während wir uns auf globaler Basis nicht über einen Fachkräftemangel beklagen müssen, ist der Standort Zug, unser „Hauptquartier“, aber auf regelmässige Arbeitsbewilligungen für qualifizierte Bewerber angewiesen, und deswegen stehen wir in engem Kontakt mit dem hiesigen Arbeitsamt.
Wird der Finanzplatz Schweiz nach dem BREXIT an Bedeutung relativ gewinnen?
In erster Linie ist die Frage entscheidend, ob die UK das sogenannte „Passporting“ behalten kann, was Unternehmen wie Banken, Versicherungen und Asset Manager ermöglicht, aus der UK heraus Finanzdienstleistungen in der EU anzubieten. Sollte das Passporting beibehalten werden, werden sich die Veränderungen in Grenzen halten und wir sollten keine substantielle Verlagerung von Arbeitskräften vom einen zum anderen Finanzzentrum – wie bspw. von London nach Frankfurt – sehen. Sollte hingegen wider Erwarten ein Szenario eintreten, in dem das Passporting für die UK nicht aufrecht erhalten werden kann, dann würde es zu Verlagerungen kommen. Die Schweiz muss dabei aber zuerst ihre Hausaufgaben machen und ihre Finanzmarktregulierung an internationale Standards anpassen, um ein Stück vom Kuchen abschneiden zu können. Es geht hier namentlich um die Verabschiedung des FIDLEG und FINIG und das Erlangen einer Äquivalenzbescheinigung z.B. durch die EU. Erfolgt dies, dann sind Standorte wie Zürich oder Genf trotz hoher Lohnkosten dank jahrzehntelanger Erfahrung für Banken und Asset Manager ernsthafte Konkurrenten zu den EU Standorten Frankfurt, Paris oder Mailand. Wir werden allerdings erst abwarten müssen, bis sich die Verhandlungen zwischen der EU und der UK konkretisieren, was noch Jahre dauern kann. Als Partners Group fühlen wir uns mit unseren Niederlassungen in Europa, die teils innerhalb und teils ausserhalb der EU liegen, jedenfalls gut aufgestellt und treffen daher derzeit keine kurzfristigen Massnahmen.
Welche Auswirkungen hat der BREXIT für Ihr Unternehmen?
Jeder Teilnehmer an den Finanzmärkten – auch Partners Group – ist von einem BREXIT direkt und/oder indirekt betroffen. Für unser Unternehmen selbst ist der Einfluss jedoch überschaubar, weil weniger als 3% unserer Umsätze in britischem Pfund verbucht werden und sich die Abwertung der Währung im Vergleich zum Schweizer Franken somit nur marginal auf unsere Ergebnisse auswirken wird. Allerdings haben wir viele Kunden in Grossbritannien und selbstverständlich besteht derzeit eine gewisse Unsicherheit im Hinblick auf Investitionen. Wir sind allerdings fest davon überzeugt, dass institutionelle Investoren aus der UK aus Rendite- und Diversifikationsgründen auch weiterhin Interesse an Privatmarktanlagen haben werden, selbst wenn das Land nicht mehr Teil der EU sein wird. Auf der Investitionsseite denken wir, dass die Auswirkungen mittelfristig limitiert sind, da nur rund 6% unserer verwalteten Vermögen in Grossbritannien investiert sind, und nicht alle Anlagen gleichermassen vom BREXIT betroffen sind. Besonders hier fühlen wir uns in unserem globalen Investitionsansatz bestätigt.
Was ist das Erfolgsrezept der Partners Group?
Wir fokussieren uns auf Privatmärkte, dort auf Eigen- und Fremdkapital für mittelgrosse Unternehmen, sowie Immobilien- und Infrastrukturanlagen. Dafür haben wir eine globale Plattform mit 19 Niederlassungen und über 850 Mitarbeitern aufgebaut. Dank dieser können wir weltweit Investitionsmöglichkeiten in allen Privatmärkten vergleichen und Investitionen tätigen.
Ereignisse wie der BREXIT zeigen die Risiken derjenigen Anlagestrategien auf, die sich lediglich auf ein Land, eine Industrie und/oder einen Sektor zu fokussieren. Bei der Partners Group glauben wir sehr stark an einen global diversifizierten Investitionsansatz, um die Risiken für unsere Investoren möglichst gering zu halten, und dies trifft auch auf unsere Kundenbasis zu. So kommen rund ein Drittel unserer verwalteten Vermögen aus dem deutschsprachigen Europa, ein Drittel aus dem angelsächsischen Raum und ein Drittel aus dem Rest der Welt. Unsere Einkünfte sind somit ebenfalls entsprechend breit diversifiziert, was für die Stabilität unseres Unternehmens eine wichtige Rolle spielt.
In welchem Licht sehen Sie das laufende Jahr?
Das Investitionsumfeld entspricht in groben Zügen dem von 2015. Die Bewertungen befinden sich angesichts hoher Liquidität im Markt auf hohem Niveau und wir können nicht erwarten, dass unsere Anlagen die Renditeziele „nur“ über das globale Wirtschaftswachstum erreichen. Wir müssen aktiv Mehrwert in unserem Portfolio schaffen, was wir unter anderem mit Spezialisten für verschiedene Industriezweige (wie Telekommunikation oder Medizinalwesen) erreichen, die für uns arbeiten und Teil des Investitionsprozesses sind. Darüber hinaus verfolgen wir in unseren Anlageklassen einen sehr langfristigen Investitionshorizont. Konkret tätigen wir Investitionen in Unternehmen, Immobilien- und Infrastrukturanlagen, um diese über einen Zeitraum von 4-8 Jahren weiterzuentwickeln. Mit langen Haltefristen können wir gut leben, da wir grundsätzlich selbst entscheiden können, wann der beste Zeitpunkt für den Ausstieg ist. Dies ist ein entscheidender Vorteil der Privatmärkte im Vergleich zu den öffentlichen Märkten (Aktienmärkten): Die Laufzeiten für den Grossteil unserer Produkte betragen zehn bis zwölf Jahre, und über diesen Zeitraum müssen wir eine möglichst gute Rendite erzielen.
Im ersten Halbjahr 2016 erhielten wir Kapitalzusagen von unseren Kunden in Höhe von EUR 4.6 Mrd., verteilt über sämtliche Anlageklassen, und steigerten somit die gesamten verwalteten Vermögen auf EUR 49 Mrd. Für das Gesamtjahr 2016 erwarten wir neue Kapitalzusagen von unseren Kunden in Höhe von EUR 8-9 Mrd.
André Frei spricht am 14. November am Europa Forum Luzern. Er ist Co-CEO der Partners Group, ein globaler Private Markets Investment Manager mit über 850 institutionellen Investoren weltweit.